Sonntag, 14. Februar 2010

Westfernsehen in der NVA

Für aktive Armeeangehörige sowie Bewerber für einen militärischen Beruf galten besondere Anforderungen an Wachsamkeit und Geheimhaltung, dazu gehörte auch, daß kein Westfernsehen oder -rundfunk - vorangig der Bundesrepublik und der Sender in Westberlin - empfangen wurde. Für jemanden, der den Kalten Krieg nicht mit erlebt hat, kann sich die Frage stellen: "Wie kann man durch das Sehen und Hören von Westfernsehen oder -rundfunk die Wachsamkeit und Geheimhaltung gefährden?" Hier soll der kurze Hinweis genügen: Desinformation (sog. "ideologische Diversion") und Agentenanweisungen.

Die Regularien für Empfang von "Westsendern" wurden ursprünglich in der Innendienstvorschrift - DV 010/0/003 - getroffen, s.a.:
http://home.snafu.de/veith/images/westtv.jpg

In dieser Dienstvorschrift in der Fassung von 1978 gab es eine "4. Änderung", die am 01.06.1988 in Kraft trat. Die darin enthaltenen Änderungen bezogen überwiegend auf den Abschnitt VII "Wachsamkeit und Geheimhaltung". Unter Ziffer 339 (5) wurde u.a. festgelegt:

"Dem Armeeangehörigen ist es grundsätzlich nicht gestattet; ...
h) aus nichtsozialistischen Staaten und Berlin (West) Rundfunk- und Fernsehsendungen in militärischen Objekten und Unterkünften, einschließlich Wohnheimen, Ferienheimen, Kureinrichtungen und Lazaretten der NVA zu empfangen sowie Daten-, Ton- und Bildträger und Druck- und Presserzeugnise in diese mitzubringen."


Damit war der Empfang von Westfernsehen (und -Radio) in den eigenen 4-Wänden nunmehr gestattet. In den Wohnsiedlungen der NVA wurden nach meiner eigenen Beobachtung daraufhin "hektisch" Kabelgräben geschaufelt, um den Fernsehempfang zu verbessern. Im übrigen wurde in den Jahren 1987 / 1988 das gesamte Thema "Wachsamkeit und Geheimhaltung" überarbeitet und offener gestaltet.

Hierfür gab es auch Veränderungen in der Dienstvorschrift zur "Wachsamkeit und Geheimhaltung": »Hinzu kamen politische Auswirkungen, die bereits mit den Änderungen der DV 010/0/009 im Jahr 1988 hinsichtlich der Erlaubnis, zu Hause "westliche Medien" empfangen zu dürfen, eingeleitet worden waren.« aus: "Die verdeckte Division" - Gedanken zur Formierung und Entwicklung der FO FAFK / FMTFK von Oberst Siegfried Zdebel, S. 79.

Mit den "Wendeereignissen" wurde die o.g. Ziffer 339 (5) der Innendienstvorschrift - wohl bereits am 10. November 1989 - als Sofortmaßnahme außer Kraft gesetzt bzw. verändert. Die Neueinberufungen dieses Monats dürften damit die Ersten gewesen sein, welche das volle Paket (West-) Fernsehen in Empfang nahmen.

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